Ausstellung im Kulturforum Laufen
27. Januar bis 12. Februar 2012
Vernissage: Freitag 27. Januar 2012 um 19 Uhr
Einführung: Gilbert Uebersax, Bildender Künstler, Basel
Rezitation: Beate Krützkamp, Sprecherin, Berlin
Finissage: Sonntag den 12. Februar 2011 um 11.00 Uhr
Podiumsgespräch zum Ausstellungsthema mit:
Jasminka Bogdanovic, Künstlerin, Basel
Konstanze Brefin Alt, Publizistin, Basel
Hugo Jaeggi, Fotograf, Burg im Leimental
Nadine Reinert, Slavistin, Basel
Gilbert Uebersax, Bildender Künstler, Basel
Musik: Mariam Tsirgiladze, Pianistin, Basel
Öffnungszeiten
Di. bis Do. 18.30 – 19.30 Uhr
Freitag 18.00 – 20.00 Uhr
Sonntag 11.00 – 14.00 Uhr
Die Künstlerin ist zur Vernissage sowie am 3., 5. und 10. Februar und zur Finissage in der Galerie anwesend.
Texte zur Vernissage am 27.Januar 2012 zusammengestellt und vorgetragen von Beate Krützkamp, Berlin
ZWISCHEN
deinen Augenbrauen
steht deine Herkunft
eine Chiffre
aus der Vergessenheit des Sandes.
Du hast das Meerzeichen
hingebogen
verrenkt
im Schraubstock der Sehnsucht.
Du säst dich mit allen Sekundenkörnern
in das Unerhörte.
Die Auferstehungen
deiner unsichtbaren Frühlinge
sind in Tränen gebadet.
Der Himmel übt an dir
Zerbrechen.
Du bist in der Gnade.
Nelly Sachs
Gedanken bei einer Porträtsitzung im Atelier Jasminka Bogdanovic, Basel, 29.10.2011
Vor zwanzig Jahren saß ich Jasminka schon einmal gegenüber. Wie im Zeitraffer ging sie damals, 1991, alle Phasen meiner Entwicklung durch. Ich erkannte das brave Kind, die revoltierende Jugendliche, die suchende junge Frau mit introvertiertem Blick nach dem Verlust des Freundes und als letztes Bild eine klarer Blick, dem anderen Menschen gegenübertreten zu wollen.
Und heute? Wieder sitze ich ihr gegenüber. Was wandelt sich? Was bleibt?
Ich weiß es nicht. Jasminkas Aufmerksamkeit im Anschauen ist irritierend und hebend zugleich. „Ich habe den Eindruck, ich begegne einem alten Freund.“ waren nach einigem Schweigen und flinken ersten Pinselstrichen die ersten Worte, die sie während des Malens sagte.
Eine anregende Unruhe aus gesammelter Tiefe schwebt zwischen den Blicken: von Jasminka zu mir, von mir zu ihr, von ihr auf die Leinwand und zurück. In Wellenschlägen wird es eine Reise zu sich selbst und darüber hinaus.
Zwei Wochen später bekomme ich eine Mail von ihr.
Betreff: „Das Bild“ – 12.11.2011
Liebe Beate,
seit ein paar Tagen, einige Stunden am Tag verbringe ich die Zeit mit Deinem Bild.
Das Tiefe einfach zu sagen, braucht eben Zeit!
Dein Blick, den ich schon von Anfang an hatte, habe ich zweimal weggenommen und seit vorgestern schaut er aus dem “Raum” hinter dem Bild.
Es ist Dein Blick (nach Johannes und meiner Empfindung). Es gibt aber weitere Bildprobleme, so werde ich mit Dir noch einige Zeit verbringen;
das ist sehr schön und berührend.
Danke!
Deine Freundin aus uralten und zukünftigen Zeiten
Jasminka
Es ist ein Geschenk, so „angeschaut“ zu werden. Jasminka schält aus Gesichtern verborgene Gesten heraus. Sie selber beschreibt den Prozess in einer anderen Email so:
„Ein Portrait malen gestaltet sich im Arbeitsprozess zu einer Art Gebet. Ein Augenpaar wie zwei Planeten mit unendlich Geheimnisvollem leuchtet mir entgegen. Es ist ein Geschenk, mich dem Blick-Wunder eines anderen Menschen in der Gestaltung nähern zu dürfen.“
„Im Anschauen eines Menschen sind die Sinne ein Eingangstor, die Seele muss sehend werden… man kann es auf alles zu Gestaltende übertragen, aber der Mensch ist so unendlich…“
„Die Menschen werden einander als Ich kennenlernen, indem sie sich wirklich anschauen lernen.“ beschreibt Rudolf Steiner in „Geschichtliche Symptomatologie“.
( Dornach, 26.10.1918).
„ Heute ist der Mensch, (…) noch wenig geneigt, seinen Mitmenschen so zu sehen, wie er ihn sehen lernen muss im Laufe des Zeitalters der Bewußtseinsseele, bis in das vierte Jahrtausend herein. Die Menschen sehen einander heute noch so, dass sie über das Allerwichtigste hinwegschauen, daß sie eigentlich keinen Blick für den anderen Menschen haben. In dieser Beziehung haben die Menschen noch nicht voll ausgenützt, was in den Seelen bisher durch die verschiedenen Inkarnationen heranerzogen ist durch die Kunst. (…) alle Kunst hat etwas in sich, was geeignet ist, zu tieferer, konkreterer Menschenerkenntnis zu führen. (…) Denn das wird es sein, was in diesem Zeitalter der Bewußtseinsseele über die Menschheit kommen muss: den Menschen bildhaft auffassen zu können. (…) Dieses Grundgefühl muss sich ausbilden. Man muss dem Menschen nicht so entgegentreten, (…), dass man in ihm nur empfindet den Zusammenhang von Knochen, Muskeln, Blut und so weiter, sondern man muss den Menschen empfinden lernen als das Bild seines ewigen, geistig-übersinnlichen Wesens. (…) Durchsichtig gewissermaßen wird gegen die Zukunft hin der Mensch dem Menschen werden. Wie das Haupt geformt ist, wie der Mensch geht, wird mit anderem innerem Anteil und mit anderem innerem Interesse geschaut werden, als es heute noch in den menschlichen Neigungen liegt.“
Diese Nacht
ging ich eine dunkle Nebenstraße
um die Ecke
Da legte sich mein Schatten
in meinen Arm
Dieses ermüdete Kleidungsstück
wollte getragen werden
und die Farbe Nichts sprach mich an:
Du bist jenseits!
Nelly Sachs (1891 –1970) aus: Suche nach Lebenden
Datum/Zeit
27. 01. 2012 - 12. 02. 2012 / 19:00 - 14:00
Veranstaltungsort
Kulturforum Laufen - Galerie Alts Schlachthuus